Grauen und Schrecken adé

Ortsteil Hundorf feiert Jubiläum und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück

Wer von Schwerin nach Lübstorf oder auch umgekehrt unterwegs ist, saust schnell an Hundorf vorbei und schon ist das Dorf, heute ein Ortsteil der Gemeinde Seehof, nur noch im Rückspiegel zu erkennen.
Im September wurden 850 Jahre Hundorf gefeiert. Ein Banner erinnert an dieses besondere Jubiläum, Foto: Andreas Unger

Seehof • Wer von Schwerin nach Lübstorf oder auch umgekehrt unterwegs ist, saust schnell an Hundorf vorbei und schon ist das Dorf, heute ein Ortsteil der Gemeinde Seehof, nur noch im Rückspiegel zu erkennen. Dabei ist es durchaus interessant und lohnenswert, sich zum 850. Geburtstag mit dem alten Ort näher zu befassen und gedanklich von der heutigen Kreisstraße aus in dessen lange Geschichte abzubiegen.

Urkundliche Erwähnung findet Hundorf 1171 zum ersten Mal als „Ort des Grauens und des Schreckens“ – was auch immer, mit den damaligen Augen betrachtet, darunter zu verstehen ist. Archäologische Funde der Feldmark lassen allerdings erkennen, dass am Hochufer des Außensees schon deutlich früher Fischer und Bauern gelebt haben. Der Boden, der zu Hundorf gehört, ist fruchtbar und die hohe Lage über sowie am Schweriner Außensee, bot schließlich schon zu allen Zeiten gute Lebensbedingungen und Grundlagen für eine Besiedelung.

Zudem erhebt sich hier noch heute eine mittel- beziehungsweise jungsteinzeitliche Burgstelle, die inzwischen zu Seehof gehört. Diese ist ein bedeutendes Bodendenkmal und wichtiges weiteres Zeugnis der slawischen Bewohner aus längst vergangenen Zeiten, doch das Wissen über die Besiedlung vor tausenden von Jahren reicht nicht aus. Bekannt ist aber, dass im 12. Jahrhundert erste deutsche Siedler von Westen her in die Gegend vorstießen und Kirchdörfer, Burgen und Städte gründeten. Durch die Geschichtsforschung ist in diesem Zusammenhang belegt, dass die deutschen Siedler und die slawischen Stämme in einigen Gegenden parallel zueinander lebten oder auch ineinander aufgegangen sind. Allerdings ging mancherorts die Niederlassung auch mit Gewalt einher.

Inwieweit diese Gesichtspunkte auch für Hundorf gelten, ist nicht sicher. Was sich allerdings nachvollziehen lässt, ist, dass der Sachsenherzog Heinrich der Löwe mit der Urkunde von 1171 die damalige Siedlung Hundorf zusammen mit weiteren Orten dem Bistum Schwerin schenkte. So feiert der Ortsteil nun sein 850-jähriges Bestehen. Vom Zeitpunkt der Schenkung an stand Hundorf in den Diensten geistlicher Herren. Dies blieb über viele Jahrhunderte so, bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1648. Dann erhielt der Mecklenburgische Herzog die Bistümer Schwerin und Ratzeburg – als Ausgleich für seine Territorial- verluste an Schweden, im Rahmen des Westfälischen Friedens. Nun blieb das damals reine Bauerndorf Hundorf bis 1918 in herzoglicher, später großherzoglicher Hand.

Veränderungen im 19. Jahrhundert

Anfang des 19. Jahrhunderts erfuhr Hundorf jedoch erhebliche Veränderungen. Aus den wenigen Bauerngehöften entstanden unter anderem der Seehofer Erbpachthof und Büdnereien in Hundorf, zu denen später auch noch Häuslereien hinzukamen. In diesem Zusammenhang wurde ein großer Teil der ursprünglichen Feldmark dem Seehofer Erbpachthof zur Bewirtschaftung zugeordnet und den Hundorfern blieb fortan nur noch Raum zum Wirtschaften auf einem recht kleinen Restterritorium. Somit machen große Teile des ursprünglichen Hundorfer Areals heute den Ort und die Gemarkung Seehof aus. Demgegenüber erstreckte sich die frühere Feldmark Hundorf immerhin vom Schweriner Außensee bis an den Kirch Stücker See heran und grenzte im Westen an die Feldmark Wickendorf und im Norden an die des Ortes Lübstorf. Die 1848 fertiggestellte Eisenbahnstrecke Schwerin-Wismar trennte die Verbindung der Feldmark Hundorf vom Kirch Stücker See und ebenso den alten Hundorfer Kirch- und Schulweg. Hundorf erhielt allerdings eine steinerne Rundbogenbrücke als Gleisüberquerung.

Im 19. Jahrhundert wurde in Hundorf auch eine Windmühle sowie eine kleine Ziegelei gebaut. Beides bestand bis in das frühe 20. Jahrhundert hinein. 1873 erfolgte eine Zusammenlegung des Ortes mit Lübstorf zu einer Gemeinde. Seit 1981 ist Hundorf Ortsteil innerhalb der Gemeinde Seehof.

Ronald Schulz/Claus Wergin

Ortskartierung von Hundorf 1814/1816,
Ortskartierung von Hundorf 1814/1816, Foto: Landeshauptarchiv Schwerin
Hundorf beherbergt 308 Bewohner und gehört zur Gemeinde Seehof
Hundorf beherbergt 308 Bewohner und gehört zur Gemeinde Seehof, Foto: Michael Grycza
Landidylle zwischen den Ortsteilen Hundorf und Seehof,
Landidylle zwischen den Ortsteilen Hundorf und Seehof, Foto: privat

Der Ort Hundorf heute

Bis 1960, dem Zeitpunkt der Voll- oder auch Zwangskollektivierung der Landwirtschaft war diese der Haupterwerbszweig der meisten Hundorfer. In nur wenigen Jahrzehnten hat sich der Ort seither allerdings zu einem reinen Wohn- und Erholungsort gewandelt und die Landwirtschaft, die diesen seit Jahrhunderten oder auch Jahrtausenden entscheidend prägte, ist vom Ort nahezu entkoppelt. Auch von der historischen Bebauung oder Ortsstruktur ist bis heute nur wenig erhalten. Dennoch lohnt sich ein gezielter Blick – der das eine oder andere von früher doch noch erkennen oder erahnen lässt – darum gerade umso mehr. Dann lassen sich in Hundorf schöne Wanderwege entdecken, zum Beispiel ein Seewanderweg in Richtung Lübstorf oder westwärts der alte Kirchsteig Richtung Kirch Stück.

Zahlen, Daten, Fakten

• Hundorf ist am Westufer des Schweriner Sees gelegen und umgeben von Lübstorf im Norden und Seehof im Süden.
• Der Ortsteil der Gemeinde Seehof wird vom Amt Lützow-Lübstorf verwaltet.
• Bürgermeister von Seehof ist Claus Wergin
• Die Gemeinde Seehof mit den Ortsteilen Seehof und Hundorf hat 948 Einwohner, davon leben 308 in Hundorf.
• Von Schwerin aus fährt die Buslinie 8 Richtung Lübstorf nach Hundorf
• Ein beliebtes Ausflugsziel ist das Restaurant „Oberförster“ am Zeltplatz Seehof. Die gleichnamige Hundorfer Gaststätte auf der Postkarte unten (1934 herausgegeben von Franz Jelitzky) gibt es nicht mehr.