Eine Italienerin in Schwerin
Eleonora Panciera mag die norddeutsche Mentalität
Schwerin • Während des Interviews mit Eleonora Panciera meldet sich die Nachrichtenfunktion ihres Handys im Minutentakt. Die Frau mit dem sympathischen Akzent in der Stimme bringt das nicht aus der Ruhe. Sie hat gelernt, Prioritäten zu setzen und selektiv zu hören. Was treibt die Weltenbummlerin, die neben Neumühle noch Wohnsitze in München und Dubai hat, in die Landeshauptstadt Schwerin? Die Arbeit und die Neugier, Neues zu erlernen und Entwicklungen voranzutreiben.
Als junge Frau kam Eleonora Panciera von Italien nach Deutschland. Ihre Eltern – der Vater war Architekt, ihre Mutter Theologin und Künstlerin – gaben ihr offenbar beide Talente weiter. Zum einen den Drang, sich Wissen anzueignen und zu lernen und zum anderen, dieses Wissen anzuwenden, um die Welt zu verstehen und ein kleines bisschen besser zu machen. „Ein Spruch meiner Mama war immer: Aus der Vergangenheit lernt man, die Gegenwart administriert man und die Zukunft verändert man“, sagt Eleonora Panciera heute. Es scheint, als sei dieser Satz so etwas wie ihre Lebensmaxime. „Um die Welt zu verändern, muss man sie kritisch betrachten und verstehen“, ist ein weiteres Prinzip der Italienerin. Vier Sprachen hat sie beim Sprachmittler-Studium in den 80er-Jahren in ihrer Heimat erlernt. Englisch, Französisch,Spanisch und Deutsch. „Ein bisschen arabisch kann ich auch, aber das musst du nicht schreiben“, sagt sie und lacht dabei.
Nach dem Studium geht es von Italien nach München in die Modebranche. Hier arbeitet Eleonora Panciera für MCM – einen der damals erfolgreichsten deutschen Konzerne, der unter anderem Luxustaschen, Koffer oder auch Parfüm vertreibt. Rückblende zum Beginn der 90er-Jahre. Das Sprachtalent arbeitet als Simultanübersetzerin und als Assistentin eines führenden Offiziers der US-Army in Süddeutschland. Mit dem Berufssoldaten verband sie nicht nur die dienstliche Beziehung – sondern auch eine private.
Als der Amerikaner die 26-jährige Italienerin heiratet und ihr suggeriert, an seiner Seite müsse sie nie wieder arbeiten, reicht sie die Scheidung ein. Die Ehe dauerte genau zehn Tage. Ein Leben ohne Kreativität, Bildung und Weiterentwicklung kann sie sich nicht vorstellen. „Meistens wage ich alle sieben Jahre einen neuen Schritt in meinem Leben“, sagt die Frau, die drei akademische Abschlüsse in der Tasche hat und voraussichtlich 2022 einen weiteren Master in der Tasche haben wird.
Expertinnen wie sie sind gefragt. So arbeitete sie für eine der weltweit führenden Unternehmensberatungen Bain & Company mit weltweit 12.000 Mitarbeitern, war bei Sun Microsystems und bei Kasperky Lab unter Vertrag. „Ich bin ein Technologie-Nerd“, gibt die erfolgreiche Managerin zu und zeigt die Apps auf ihrem Handy. „Technologie sollte die Qualität des Lebens für alle Menschen verbessern. Dafür setze ich mich gern ein. Ich bin zum Beispiel davon fasziniert, was mit Hilfe von OP-Robotern oder Lasertechnik an komplizierten Eingriffen in der Medizin inzwischen möglich ist.“ Heute arbeitet Eleonora Panciera in Schwerin für die Human Med AG – einem erfolgreichen Medizintechnik-Unternehmen, welches führend bei Wasserstrahl-assistierten Liposuktionsgeräten ist. Seit 2018 berät sie die innovative Firma und hat gerade ihren Vertrag bis zum Ende des Jahres verlängert.
Geplant war eigentlich, nur ein halbes Jahr zu bleiben, doch Schwerin hat es der Italienerin angetan. Sie mag die Menschen in ihrer bodenständigen Art und deren Liebe zu ihrem Land und den regionalen Produkten. „Ich bin gern an den Schweriner Seen oder sitze mit Freunden am Südufer des Pfaffenteiches und genieße ein Buch bei einem Glas Wein “.
Was den Genuss angeht, bleibt Eleonora Panciera eine echte Italienerin. „Ich koche leidenschaftlich gern Fisch oder Pasta. Dazu muss ich immer Oregano und Petersilie im Haus haben. Und wenn nicht, gehe ich gern auch mal asiatisch oder griechisch in Friedrichsthal essen.“ Daneben behält die Unternehmensberaterin ihre Zukunft stets im Blick. „In sieben Jahren werde ich wahrscheinlich wieder woanders leben“, sagt sie.
Steffen Holz